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Wie A Lange & Söhne von den Toten auferstand

Es gibt mehrere führende Marken von Luxus-Armbanduhren – von der großen Blancpain bis hin zu Jaquet Droz –, die wiederbelebt wurden, nachdem sie jahrzehntelang im Koma gelegen hatten. In den meisten Fällen hatte die Quarz-Krise ihren Niedergang verursacht.

Für das deutsche Unternehmen A. Lange & Söhne jedoch war es der Kommunismus gewesen, der mehr als ein Jahrhundert der Herstellung exquisiter Uhren zu einem schauderhaften Ende brachte.

Als die sächsische Stadt Glashütte nach dem Zweiten Weltkrieg Teil des Ostblocks wurde, wurde die Firma Lange, die dort seit ihrer Gründung ansässig war, in die GUB (Glashütter Uhrenbetriebe) eingegliedert, ein staatlich geführtes Konglomerat einer Handvoll von Marken aus Glashütte.

Auf wahrhaft kommunistische Art schenkte die GUB dem Erbe und den Traditionen der einzelnen Marken kaum Beachtung und wollte einfach nur schlichte und erschwingliche Armbanduhren für die Massen produzieren. Langes Fabrik, über die die neuen sowjetischen Herren wie ein Heuschreckenplage herfielen, wurde vieler ihrer Werkzeuge und Maschinen beraubt, und sie kehrten nie wieder zurück.

Ab ins Bergwerk

Anfangs arbeitete der Unternehmensverwalter Walter Lange unter sowjetischer Aufsicht im GUB-Werk. Man erwartete von ihm, dass er technisches Wissen preisgab, etwa über das Innenleben eines Pilotenuhren-Kalibers und verschiedener Marinechronometer. Schließlich wurde er als überflüssig betrachtet und man erteilte ihm die Anweisung, in den nahen Wismut-Uranbergwerken zu arbeiten.

Darin lag eine grausame Ironie.

Glashütte war eine Stadt, deren Wohlstand ursprünglich auf dem Silber- und Eisenerzbergbau beruht hatte. Als die Vorkommen erschöpft waren, stand die Stadt vor einer trüben Zukunft, bis sie unter der Führung von Ferdinand Albert Lange wiederbelebt wurde – Walters Urgroßvater, der den Ort in ein Zentrum herausragender Uhrmacherkunst verwandelte.

Statt die Stelle im Bergwerk anzutreten, flüchtete Walter Lange wie viele seiner Landsleute über die Grenze ins damalige Westdeutschland, nach Pforzheim. So wie Glashütte ist auch Pforzheim bekannt für seine Schmuck- und Uhrenindustrie, durch die es seinen Spitznamen 'Goldstadt' erlangte.

Während seiner vielen Jahre im Exil blieb Walter im Uhrenbau aktiv, arbeitete im Armbanduhren-Einzelhandel und versuchte sogar erfolglos, ein neues Armbanduhren-Unternehmen namens 'A. Lange Pforzheim' ins Leben zu rufen. Er erhielt außerdem seine Verbindungen mit Glashütte aufrecht und konnte die Stadt gelegentlich besuchen, aber in seinem sechsten Lebensjahrzehnt setzte er sich schließlich zur Ruhe und fand sich damit ab, niemals die Vollendung einer weiteren Lange-Uhr zu leiten.

Rettung naht

Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands im folgenden Jahr trat Günther Blümlein, ein deutscher Unternehmer, der die atemberaubende Wiedergeburt von Jaeger-LeCoultre und IWC geleitet hatte, an Walter Lange heran und unterbreitete ihm die Idee, sein Unternehmen wiederzubeleben.

Der friedliche Ruhestand im schönen Schwarzwald wurde rasch über Bord geworfen, als Walter die Gelegenheit ergriff, das Familienunternehmen mit Unterstützung durch eine große Investition erneut zu gründen.

A. Lange & Söhne benötigte vier Jahre und schätzungsweise 20 Millionen Euro, um seine ersten Armbanduhren der nachkommunistischen Ära zu konstruieren, zu fertigen und auf den Markt zu bringen, und der gegenwärtige Geschäftsführer Wilhelm Schmid gibt zu, dass es ein Vorstoß ins Unbekannte war.

"Die Gründer mussten nicht allein die Frage beantworten, wie eine moderne A. Lange & Söhne nach einer Unterbrechung von vierzig Jahren aussehen sollte", merkte er später an, "sie sahen sich auch vielen veränderlichen Faktoren gegenüber, die zahllose Optionen boten. Und dennoch mussten rasch Entscheidungen getroffen werden, im Bewusstsein der Tatsache, dass jedes Detail den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten konnte."

Die neue Ära

Langes und Blümleins meisterhaftes Bündnis für die Wiedergründung von A. Lange & Söhne im Oktober 1994 bleibt eine der größten Leistungen in der Geschichte der Uhrmacherei, wobei die vier nagelneuen Modelle der modernen Ära – Lange 1, Saxonia, Arkade und Pour le Mérite – von Grund auf neu konstruiert waren, aber dennoch sofort Beifall fanden.

Seitdem weigert sich das Unternehmen, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und erschuf einen Pfad der unvergleichlichen Qualität und des ausgezeichneten handwerklichen Könnens, auf dem es möglicherweise die ehrwürdige Patek Philippe als prestigereichste Armbanduhrenmarke der Welt in den Schatten gestellt hat.

Was die Stadt Glashütte angeht, so haben sich weitere alte Unternehmen dem Wiedererwachen angeschlossen, darunter Glashütte Original, Mühle-Glashütte und Tutima, und die Uhrmacherei-Aura der Stadt hat noch nie heller gestrahlt.

Nomos und Moritz-Grossman (ein alter Glashütter Name, der für eine neue Marke erworben wurde) reihten sich später in dieses eindrucksvolle Aufgebot ein, und die Stadt erhielt sogar ein eigenes Museum, das der Uhrmacherei gewidmet ist.

2020, 175 Jahre nach der Gründung der ersten Uhrmacherwerkstatt der Stadt, wurde dort eine Bronzestatue von Walter Lange enthüllt, der 2017 im Alter von 93 Jahren verstorben war.

Sie steht nur wenige Meter entfernt vom Denkmal für seinen Urgroßvater Ferdinand Adolph Lange. Zwei Männer, denen die Stadt so viel verdankt.

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